Geschichte und Entwicklung
Eine exquisite Lage, das Madrid der Habsburger
Im Jahr 1561 ordnete Philipp II. die Verlegung des Hofes in die Stadt Madrid an. Dem jungen König und seiner Gattin, Isabelle von Valois, gefiel unsere Stadt besser als Toledo oder Valladolid. Die Gründe für diese Vorliebe waren vor allem praktischer Natur: Madrid lag im Zentrum von Spanien, gleichweit von allen Grenzen der Halbinsel entfernt. Darüber hinaus hatte Madrid eine gute Wasserqualität sowie ein angenehmes und gesundes Klima zu bieten.
Das Gericht kommt in Madrid an
Die Verlegung des Hofstaats nach Madrid hatte ein außergewöhnlich schnelles und gleichzeitig auch leicht chaotisches Anwachsen der Stadt zur Folge. Um dieses Chaos unter Kontrolle zu bringen, wurde die sogenannte „Junta de Policía y Ornato“ geschaffen, eine Vereinigung, zu deren Vorsitzenden der Architekt Francisco de Mora ernannt wurde, der während der Erbauung des Klosters El Escorial das Amt des Baumeisters von Juan de Herrera inne hatte. Diese Vereinigung übernahm die Aufgabe, für die Ausrichtung der Straßenfronten zu sorgen, abrupte Höhenunterschiede der Bauten zu verbieten und Häuservorsprünge zu beseitigen.

Die Grundlagen dieses mythischen Gebäudes
Madrid wuchs stetig weiter, auch als nach dem Tod von Philipp II. der Hof vorübergehend von Philipp III. nach Valladolid verlegt wurde. Aus dieser Zeit (genauer gesagt aus dem Jahr 1590) stammt der erste Beleg über die Existenz des Gebäudes, in dem sich heute das Botín befindet.
Der Besitzer des Gebäudes beantragte das Sonderrecht auf die Steuer. „Privilegio de exención de huéspedes” (über diesen Antrag existiert eine beglaubigte Beurkundung). Diese Steuer bezahlten diejenigen Besitzer von Häusern mit mehr als einem Stockwerk, die keine Mitglieder des königlichen Hofstaates in ihrem Haus aufnehmen wollten. Die Unterbringung in bürgerlichen Häusern war angeordnet worden, da nicht der gesamte Hofstaat im Palast oder in Adelshäusern Platz fand.
Ein Koch namens Jean Botín
Im Jahr 1606 wird der Hof wieder nach Madrid zurückverlegt und mit dem Umbau der Plaza Mayor (ehemals Plaza del Arrabal) im Jahr 1620 verwandelt sich das Viertel in den wichtigsten Handelsplatz der Stadt. Schuhmacher, Gerber, Messerschmiede, Messinggießer, Hufschmiede… Die Straßen dieses Viertels wurden tatsächlich nach dem jeweiligen Gewerbe benannt, das dort ausgeübt wurde: Ribera de Curtidores (Gerber-Ufer), Plaza de Herradores (Hufschmied-Platz), und eben auch: Calle Cuchilleros (Messerschmied-Straße). In einer dieser Straßen eröffnete ein französischer Koch namens Jean Botín seinen Betrieb.
Botín war gemeinsam mit seiner aus Asturien stammenden Frau nach Madrid gekommen, um bei einem Adligen aus dem Hofstaat der Habsburger, Arbeit zu finden. Im Jahr 1725 eröffnete,der Neffe von Botíns Ehefrau, ein kleines Gasthaus in der Calle Cuchilleros (Messerschmied-Straße) und renovierte das Erdgeschoss des Gebäudes, wobei die dort befindlichen Bogengänge zugemauert wurden.
Von diesem Umbau existiert noch ein Beweis in Form eines Steins am Eingang, auf dem das Datum von damals zu lesen ist. Vom gleichen Datum stammt auch der Holzofen des Hauses, dessen verführerische Düfte auch heute noch die Gäste anlocken…

Vintage Kuriositäten
Es scheint merkwürdig, dass bis ins 18. Jahrhundert hinein in Gaststätten das Servieren bestimmter Speisen verboten war: Fleisch, Wein und andere Lebensmittel, da dies als Gefährdung anderer Zünfte galt. Daher konnte nur das serviert werden, was der Gast zum Kochen mitbrachte. Aus dieser Vorschrift entstand auch die Legende, dass es „in den spanischen Gasthäusern nur das zu essen gab, was der Reisende mitbrachte“.
Bereits im 19. Jahrhundert wurde das untere Stockwerk des Restaurants erneut renoviert: Damals wurde der mehrfach verchromte Holzfries mit Blattgoldverzierung im Eingangsbereicht gebaut, ebenso wie die Schaufenster und die Ladentheke der Konditorei, an der verschiedene süße Gebäcksorten wie Pestiños (frittiertes Gebäck aus Blätterteig, mit Honig), Bartolillos (cremegefüllte Teigröllchen), Suizos (Milchbrötchen) und Glorias de Crema (cremegefülltes Gebäck) verkauft wurden. Damals wurde das Botín als Speisehaus bezeichnet, da der Ausdruck „Restaurant“ nur von sehr wenigen und exklusiven Häusern verwendet wurde, die mit dieser Bezeichnung den Pariser Lokalen nachzueifern versuchten.
Botín aufnehmen
In der Ausgabe des Guiness-Buchs der Rekorde aus dem Jahr 1987, ist ein interessanter Hinweis auf diese Zeit zu finden: Darin wird bestätigt, dass um das Jahr 1765 ein Jugendlicher namens Goya als Tellerwäscher im Botín arbeitete. In der gleichen Ausgabe wird das Botín als das älteste Restaurant der Welt aufgeführt.
Die Familie González und die Philosophie des Botín
Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts gelangte das Botín in die Hände der heutigen Eigentümer: die Familie Gonzaléz. Damals gehörten nur der Eingangsbereich und der erste Stock zum Restaurant. Der Weinkeller wurde als Lagerraum verwendet und im zweiten und dritten Stock hatte die Familie ihre Wohnräume. Als Amparo Martín und ihr Ehemann, Emilio González das Botín übernahmen, war dieses lediglich ein kleiner Familienbetrieb mit nur sieben Angestellten, inklusive des Ehepaars und seiner drei Kinder.
In Zeiten des Krieges
Der Ausbruch des Bürgerkriegs zerstörte die Illusion der Familie, ihren kleinen Betrieb zu einem florierenden Geschäft zu machen. Amparo und die Kinder zogen sich in das Dorf Segorbe in Castellón zurück und Emilio blieb in Madrid, um das Haus weiterzuführen, das nun als Speisesaal für Milizsoldaten diente.

Das Botín Restaurant
Nachdem der Krieg beendet und die schreckliche Nachkriegszeit überstanden waren, übernahmen die Söhne des Ehepaars González, Antonio und José, den Betrieb und machten das Botín nach und nach zu dem, was es heute ist. Zur Zeit erstreckt sich das Restaurant über vier Stockwerke. Die gemütliche Gasthaus-Atmosphäre ist bis heute erhalten geblieben und macht einen wichtigen Teil des Charmes des Botín aus. Mitten im Viertel „Madrid de los Austrias“ („Madrid der Habsburger“) gelegen, befindet sich das Botín in einer exquisiten Umgebung.
Dies ist auch der Grund, warum die Besitzer enorme Anstrengungen unternommen haben, um dem Haus seinen ursprünglichen Charakter zu bewahren. Im Laufe der Jahre wurde das Restaurant immer weiter umgebaut und erweitert, um die wachsende Gästezahl unterbringen zu können. Bei jeder dieser Arbeiten wurde jedoch darauf geachtet, die charakteristische Fassade des Hauses zu erhalten.
Der Service
Doch natürlich ist das Äußere nicht alles: ein hervorragende Service sowie eine exzellente Küche und die Verwendung erstklassiger Lebensmittel machen das Botín erst zu dem, was es ist. Die Spezialität unseres Hauses ist die spanische Küche, insbesondere der Lammbraten und das Spanferkel. Drei bis vier Mal pro Woche wird das Restaurant mit Ferkeln aus Segovia beliefert und erhält Lämmer aus dem – für die erstklassige Qualität des Lammfleischs bekannten – sogenannten magischen Dreieck: Sepúlveda-Aranda-Riaza.
Ganz langsam werden die Lämmer und Spanferkel über der Hitze des alten Ofens, der mit Eichenholz befeuert wird, goldbraun gebraten. Doch das Botín bietet noch andere vorzügliche Gerichte an: auf der Karte stehen auch eine vorzügliche Merluza de Pincho (Seehechtart), frische Seezunge, Venusmuscheln mit einer speziellen Soße und noch viele andere Köstlichkeiten.
Botín heute
Derzeit wird der Betrieb von der dritten Generation der Familie González geführt: Antonio, José und Carlos. Die ganze Familie ist darum bemüht, dass im Botín nicht nur der Magen, sondern auch das Herz der Gäste verwöhnt wird, und dass dies auch noch mindestens für die nächsten dreihundert Jahre so bleibt…